Potenzialverfahren

Potenzialverfahren sind Methoden, die zur Interpretation von konservativen Feldern herangezogen werden. Sie kommen in der Gravimetrie, der Magnetik und der Gleichstromgeoelektrik zum Einsatz. Konservative Felder lassen sich unabhängig von ihrer Ursache durch den gleichen mathematischen Formalismus beschreiben (Laplace bzw. Poisson Differentialgleichung). Bei all diesen Methoden ist das Prinzip der Vieldeutigkeit ein inhärentes Problem, d.h. es lässt sich aus der Feldverteilung nicht eindeutig auf die Quellverteilung schließen. Die Interpretation bedarf daher der Kombination mit anderen geophysikalischen Verfahren (z.B. Seismik) bzw. geologischen Befunden.

 

Magnetik

Mit der Magnetik werden Anomalien im natürlichen Magnetfeld der Erde registriert. Dieses Feld ist in erster Näherung ein Dipolfeld das von kurzzeitigen Variationen, die in der Ionosphäre ihren Ursprung haben, überlagert ist. In ihm erfahren alle Materialien entsprechend ihrer Magnetisierbarkeit (=magnetische Suszeptibilität) eine induzierte Magnetisierung. Dieses Magnetfeld überlagert sich dem induzierenden Erdfeld - es erzeugt Anomalien im Normalfeld, die bei ferromagnetischen Materialien sehr groß sind. Die Vermessung solcher Anomalien mit geeigneten Messgeräten (Magnetometer) erlaubt das Aufsuchen, Abgrenzen und Modellieren (Lage, Tiefe, Form) magnetisierter Körper und Objekte.

Man nutzt die Magnetik als Hilfsmittel für geologische Kartierungen, zur Prospektion auf Lagerstätten,zum Nachweis und Abgrenzen von Altlasten,zur Ortung ferromagnetischer Objekte (Fässer, Tanks, Munition, Blindgänger, Leitungen) und anderer unterirdischer Bauten, und für archäologische Erkundungen.

Magnetfeldmessungen werden mit Magnetometern durchgeführt. Dazu werden heute elektronisch oder atomphysikalisch arbeitende Systeme verwendet. Je nach Prinzip kann mit diesen Geräten entweder der Absolutwert des Feldvektors (Totalintensität) oder dessen Komponenten gemessen werden. Die Einheit der magnetischen Flussdichte ist Tesla (1T = 1Vs/m2). Aus historischen Gründen werden die Zahlenwerte üblicherweise in NanoTesla (nT) angegeben (Magnetfeld der Erde in unseren Breiten: 48000nT).

Für eine verbesserte räumliche Auflösung werden sogenannte Gradiometer verwendet, bei denen mit zwei Magnetometersonden in einem (meist vertikalen) Abstand von etwa 0,5 m die Differenz der Feldwerte gemessen wird. Gradiometer registrieren also näherungsweise den Gradienten (meist den Vertikalgradienten der Vertikalkomponente) des Erdmagnetfeldes. 

 

Gravimetrie

Die Gravimetrie beschäftigt sich mit dem Schwerefeld der Erde. Im Bereich der Grundlagenforschung stehen die räumliche Verteilung des Schwerefeldes sowie die zeitlichen Änderungen in allen räumlichen (lokal, regional, global) und zeitlichen Skalen (kurz- und lang periodisch, kurzfristig, säkular) im Fokus. Ihre Interpretation trägt zur Verifikation von globalen Modellen (Erde, Ozean) ebenso bei wie zum Verständnis dynamischer Prozesse (Massentransport) im Erdinneren, in den Ozeanen und in der Cryo- und Atmosphäre. Die relevanten physikalischen Parameter sind, wie in der Seismologie, Dichte, Lame-Parameter sowie Viskosität. Es bestehen enge Beziehungen zur physikalischen Geodäsie und zur Satellitengeodäsie, die heute globale Schwerefeldinformation mit großer Genauigkeit zur Verfügung stellt.

Im Bereich der angewandten Forschung steht die Strukturerkundung von Lithosphäre bis hin zu extrem kleinräumigen Quellen (Mikrogravimetrie) im Vordergrund, vor allem im Hinblick auf die Erkundung von Rohstoffressourcen. Mikrogravimetrie wird auch als Methode zur zerstörungsfreien Hohlraumortung angewendet. Die Interpretation erfolgt auch hier auf der Basis potenzialtheoretischer Methoden. Die bei Potenzialverfahren inhärente Vieldeutigkeit kann durch interdisziplinäre Kombination mit anderen Methoden der Geophysik (vor allem Seismik) bzw. deren Nachbardisziplinen (Geologie, Mineralogie, Petrologie, Gesteinsphysik) weitgehend überwunden werden. Grundlage der quantitativen Interpretation ist die Bougueranomalie, die die Gravitationswirkung von Dichte-Inhomogenitäten innerhalb der Erde abbildet. Für Österreich ist eine neue, mit modernen Prozessingmethoden kompilierte Schwerekarte verfügbar.

 

Modernes Instrumentarium (Supraleitende Gravimeter) ist in der Lage, Schwereunterschiede im Zeitbereich von etwa 10-10, im Frequenzbereich sogar bis zu 10-12 der Schwerebeschleunigung signifikant zu erfassen. Räumliche Differenzen lassen sich durch Absolut- oder Federgravimeter mit einer Genauigkeit von 10-9 der Schwerebeschleunigung ermitteln. Transportable Relativgravimeter können auf Eichstrecken kalibriert werden, an deren Stationen die Schwerebeschleunigung durch Absolutgravimeter bestimmt wurde. In Österreich steht dazu die Eichstrecke am Hochkar (Niederösterreich) zur Verfügung. Absolutgravimeter und Supraleitende Gravimeter werden in der geodynamischen Forschung eingesetzt. In Österreich ist derzeit ein Supraleitendes Gravimeter im Conrad-Observatorium (Niederösterreich) zur Registierung zeitlicher Schwereänderungen und von Eigenschwingungen der Erde installiert, Absolutschweremessungen werden vom Bundesamt für Eich-und Vermessungswesen (BEV) durchgeführt.