Die Geothermik beschäftigt sich mit der im Untergrund natürlich oder künstlich gespeicherten Wärme. Wenngleich die Erdoberfläche im Regelfall als kalt empfunden wird, nimmt die Temperatur mit zunehmender Tiefe kontinuierlich zu und erreicht im Bereich des Erdkerns Temperaturen von über 4000°C. Die stetig vom Erdinneren abgestrahlte Wärme wird seit Jahrhunderten genutzt. In erster Linie zur Regeneration in natürlich aufgeheizten Thermalwässern – in jüngerer Zeit jedoch auch energiewirtschaftlich zur Gewinnung von emissionsarmer Energie (Heizwärme, Strom).
Die Temperatur des Erdinneren nimmt kontinuierlich mit der Tiefe zu (geothermische Tiefenstufe), im Durchschnitt etwa 30°C pro Kilometer in der Oberen Erdkruste (Lithosphäre). Ein Ausdruck dieses, an die Erdoberfläche gerichteten Wärmeflusses ist die terrestrische Wärmestromdichte [mW/m²], die auf der kontinentalen Erdkruste im globalen Mittel etwa 70 mW/m² beträgt. Neben Wärmleitung (Konduktion) kann der Wärmetransport in der Erdkruste regional auch durch Konvektion zirkulierender Tiefenwässer (Advektion, freie Konvektion) erfolgen. Neben den Wärmetransportprozessen spielen Wärmequellen eine bedeutende Rolle. In der kontinentalen Erdkruste, allen voran in sauren Magmatiten stellt radiogene Wärmeproduktion infolge des radioaktiven Zerfalls natürlicher Isotope (Nukleide: 232Th, 235U, 40K) eine entscheidende Rolle. Im alpinen Raum ist davon auszugehen, dass nahezu 70% der an die Erdoberfläche fließenden Wärme aus radioaktiven Quellen in sauren Krustengesteinen stammt.
In Mitteleuropa stellt die unterschiedliche Mächtigkeit der Lithosphäre einen wesentlichen geothermischen Einflussparameter dar, wobei hohe Krustenmächtigkeiten mit verminderten Wärmestromdichten einhergehen. Die geringsten terrestrischen Wärmeflüsse Österreichs sind demzufolge in den Bereichen der Nördlichen Kalkalpen und den Karawanken zu finden. Hier wirken sich die erhöhte Krustendicke sowie der deutliche konvektive Einfluss tief in das Gebirge versickernder Niederschlagswässer negativ auf das regionale thermische Regime aus. Die höchsten Wärmestromdichten, gleichbedeutend mit den günstigsten thermischen Untergrundbedingungen, sind im Osten, bzw. Südosten Österreichs zu finden (Teile Burgenlands sowie der Südoststeiermark). In diesen Regionen wirkt sich die geringe Krustenmächtigkeit - gleichbedeutend mit einer Hochlage des Erdmantels im Bereich des Pannonischen Beckens - positiv auf das terrestrische Wärmefeld aus. Weitreichende hydraulische Zirkulationssysteme bewirken zudem in Teilen der westlichen Molasse (Innviertel, Hausruckviertel) überdurchschnittliche geothermische Verhältnisse.
Bei der Nutzung geothermaler Energieträger unterscheidet man generell zwischen „tiefen Geothermie“ und der „oberflächennahen Geothermie“. Gegenwärtig werden in Österreich mit Hilfe der tiefen Geothermie natürliche Thermalwässer für die Versorgung von Thermalbädern sowie für die Gewinnung von Heizwärme und Strom genutzt. Dies geschieht vornehmlich in 2 Regionen – der Oststeiermark sowie im Inn- bzw. Hausruckviertel (OÖ).
Der tiefen Geothermie gegenüber stehen seichte Erdwärmesonden und Kollektoren - zusammengefasst im Begriff „oberflächennahe Geothermie“, die in geschlossenen oder offenen Systemen einen künstlichen Wärmestrom erzwingen und maximal in Tiefen bis zu einigen 100 Meter, in der Regel jedoch geringer als 150 m installiert werden. Diese Systeme sind zur Aufbereitung der gewonnen Wärme zumeist auf den Einsatz von Wärmepumpen angewiesen, besitzen aber den Vorteil, dass sie sich in den Sommermonaten auch zur Raumkühlung einsetzen lassen [Free Cooling].